header banner
Default

Es ist ein Irrsinn in der Bürokratie, dass wir keinen Koch aus China einstellen dürfen, weil wir kein China-Restaurant sind - WELT


| Lesedauer: 3 Minuten

Christian Bau zählt zu den besten Köchen in Deutschland und schreibt seit zwei Jahren ein Kolumne für WELT AM SONNTAG Christian Bau zählt zu den besten Köchen in Deutschland und schreibt seit zwei Jahren ein Kolumne für WELT AM SONNTAG

Christian Bau zählt zu den besten Köchen in Deutschland und schreibt seit zwei Jahren ein Kolumne für WELT AM SONNTAG

Quelle: Marcus Simaitis

In der Dreisterne-Küche unseres Autors wird Englisch gesprochen – kaum ein Deutscher mag sich die fordernde Arbeit in einem Restaurant noch antun. Dafür erschwert es die deutsche Bürokratie auf irrwitzige Art und Weise, Ausländer einzustellen.

Hätte mir jemand vor zehn Jahren gesagt, dass die Verkehrssprache in meiner Küche einmal Englisch sein würde, ich hätte demjenigen wahrscheinlich einen Vogel gezeigt. Heute ist meine Küchenbrigade so international besetzt, dass es nicht mehr anders geht. Wenn wir zu zehnt in der Küche stehen, sind drei Deutsche dabei, die anderen Mitarbeitenden kommen unter anderem aus Portugal, Griechenland, Rumänien, Südkorea und Malaysia. Ich spreche hier nicht von Hilfskräften, sondern von ausgebildeten Köchinnen und Köchen, die zuvor in anderen renommierten Restaurants auf der ganzen Welt gearbeitet haben.

Unser Kollege aus Malaysia hat seine Ausbildung in der Hotelfachschule in Lausanne absolviert. Der demografische Wandel entsteht übrigens keineswegs, weil Zuwanderer den Deutschen die Arbeit wegnehmen. Die traurige Realität ist vielmehr, dass sich in Deutschland nur wenige Angehörige der Generationen Y oder Z die körperlich fordernde Arbeit in unserer Küche zumuten möchten.

Chefkoch alleine mit Hilfskraft

VIDEO: Authentisch oder angepasst? Chinas Küche in deutschen Restaurants
Galileo

Dabei jammern wir noch auf hohem Niveau, weil wir die Anziehungskraft eines international hoch angesehenen Restaurants genießen. Richtig bitter wird es in der gehobenen Küche mit einem Michelin-Stern. In diesem Segment müssen immer mehr Lokale schließen, weil sie keine qualifizierten Leute finden.

Mein Ausbildungsbetrieb, das Restaurant von Gutbert Fallert in Sachsbachwalden, 41 Jahre lang mit einem Stern ausgezeichnet, hat deshalb schon 2021 dichtgemacht. Dem Ausbildungsbetrieb meiner Sous-Chefin Sarah in Remscheid wurde 2020 der Stern aberkannt, weil Chefkoch Ulrich Heldmann allein mit einer Hilfskraft in der Küche stehen musste. Der Verlust dieser Auszeichnung kann für ein Restaurant existenzbedrohend sein.

Das auch:

Gedeckter Tisch, aber keiner kommt: Immer mehr Menschen lassen ihre Tischreservierung im Restaurant sausen

Der Fachkräftemangel zieht sich durch das ganze Handwerk. Früher habe ich meine Freunde in Portugal ausgelacht, wenn sie mir erzählten, sie müssten in der Vertragswerkstatt sechs Wochen auf eine Autoreparatur warten. Wer gerade versucht einen Termin für den Reifenwechsel zu bekommen, lacht nicht mehr. Da fragt man sich, was aus unserem Land geworden ist. Dabei verkündet unser Arbeitsminister, dass jede ausgebildete Fachkraft bei uns auch arbeiten darf – was mich zum eigentlichen Anlass dieser Kolumne bringt. Weil unser Restaurant in Asien einen exzellenten Ruf hat, bekomme von dort ich viele Bewerbungen. Die bürokratischen Hürden, die zu überwinden sind, um jemanden aus Asien nach Deutschland zu holen, lassen mich manchmal verzweifeln.

Einen jungen Mann aus Hongkong, einen ausgebildeten Koch mit besten Referenzen, hätte ich gern eingestellt, nachdem er vier Wochen auch zur Probe gearbeitet hatte. Er hat in New Yorker Sternerestaurants gearbeitet und war zuletzt Chef-Poissonier bei Richard Ekkebus im „Amber“ in Hongkong. Wir haben einen Aufenthaltstitel für ihn beantragt, der ihm nach monatelangen Verhandlungen mit einer irrwitzigen Begründung verweigert wurde: Da wir kein China-Restaurant seien, bräuchten wir auch keinen chinesischen Koch.

Lesen Sie auch

Restaurant „La Tour d’Argent“: Die Ente aus der Presse – der dramatische Höhepunkt des Menüs

Restaurant „La Tour d’Argent“

Seit März versuche ich, eine Arbeitsgenehmigung für eine ausgebildete Patissière aus Singapur zu bekommen, die ebenfalls in mehreren Sternerestaurants in New York sowie im „Mandarin Oriental“ in Hongkong tätig war. Der Antrag wurde gerade zum zweiten Mal abgelehnt. Die Ausländerbehörde hatte bei der Handelskammer angerufen, und die will ihren Ausbildungsbescheid nicht anerkennen. Geht’s noch?

Der von Olaf Scholz versprochenen Bürokratieabbau hat sich offenbar noch nicht in jeder Amtsstube herumgesprochen. Selbst wenn man als Vertreter einer Unternehmensgruppe mit 10.000 Angestellten auftritt und die Gewerbesteuer erwähnt, bekommt man als Antwort: Hier sind Sie auch nur eine Nummer. Bei so viel Borniertheit könnte man glatt ausflippen.

Christian Bau kocht im „Victor’s Fine Dining“ in Perl-Nennig, das mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist

Lesen Sie hier Christian Baus Kolumne:

Unser Autor Christian Bau war begeistert vom Froschschenkel-Sauté, das im Waldhotel „Sonnora“ als Vorspeise serviert wird

Meinung Französischer Klassiker

Kalbsbries, Sake Beurre Blanc und getrockneter Kaviar: Für unseren Autor Christian Bau steht dieses Gericht von Jan Hartwig für ein Umdenken in der Spitzenküche
Drei-Sterne-Koch Christian Bau ist durch einen Instagram-Post auf das „Sparkling Bistro“ aufmerksam geworden.

Meinung „Sparkling Bistro“

Eine gepflegte Käseauswahl ist mit mehr Aufwand verbunden, als die die Gäste vermuten, sagt Drei-Sterne-Koch Christian Bau

Meinung Genuss zum Schluss

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern

Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern

Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Sources


Article information

Author: Justin Krueger

Last Updated: 1703182802

Views: 963

Rating: 3.6 / 5 (33 voted)

Reviews: 98% of readers found this page helpful

Author information

Name: Justin Krueger

Birthday: 2005-08-18

Address: 7170 Matthews Estate, Wagnerside, MI 15359

Phone: +4473599360905044

Job: Forensic Scientist

Hobby: Magic Tricks, Tea Brewing, Coin Collecting, Stargazing, Cocktail Mixing, Origami, Wine Tasting

Introduction: My name is Justin Krueger, I am a unyielding, lively, resolved, accessible, transparent, radiant, courageous person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.