Am 31. Oktober 2023 haben Männer bereits jenes Einkommen erreicht, für das Frauen bis Jahresende noch arbeiten müssen. Die Gender Pay Gap in Österreich, also die Einkommenskluft zwischen Frauen und Männern in Vollzeitbeschäftigung, bleibt ein anhaltendes Problem unserer Gesellschaft. Im Jahr 2023 beträgt sie nämlich immer noch 16,9 %. Obwohl es eine kleine, aber kaum erwähnenswerte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr gibt – und zwar um einen gaaaanzen Tag – arbeiten Frauen in Österreich immer noch durchschnittlich 62 Tage ohne Bezahlung, im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Die wenig zufriedenstellende Gehaltssituation führt laut einer Studie im Auftrag von XING auch zu einer erhöhten Jobwechselbereitschaft bei Frauen. Die Beantwortung bestimmter Fragen bleibt in diesem Kontext also klarerweise besonders spannend: Was kann man gegen die Gender Pay Gap tun und vor allem, wer hat dabei die Zügel in der Hand?
Durchschnittsgehalt in Österreich steigt, aber die Gender Pay Gap bleibt
Eine gute Nachricht gibt es: Das Durchschnittsgehalt in Österreich steigt, zumindest laut dem Stepstone Gehaltsreport. Das Brutto-Durchschnittsgehalt pro Jahr liegt 2023 nämlich bei 57.731 € für Vollzeitbeschäftigte. Diese Berechnung basiert auf 40.646 Vergütungsdaten, die von November 2020 bis April 2023 erhoben wurden. Die schlechte Nachricht: Laut dem Stepstone-Bericht verdient eine in Vollzeit beschäftigte Frau in Österreich 2023 im Schnitt 8.340 Euro brutto weniger als ein Mann.
6.000 € weniger trotz identischer Merkmale
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es sich hierbei um die sogenannte „unbereinigten Gender Pay Gap“ handelt, die Faktoren wie Berufsuntergruppe, Branche, Firmengröße, Berufserfahrung, Bildungsabschluss und andere charakteristische Unterschiede nicht berücksichtigt. Frauen verdienen ohne die Berücksichtigung bestimmter Faktoren also oft weniger, weil sie, zum Beispiel, in niedriger bezahlten Berufsfeldern arbeiten, weniger Vollzeit-Berufserfahrung haben oder aber auch in keine Führungsposition gekommen sind.
Erst der „bereinigte Gender Pay Gap“ berücksichtigt die Gehaltsunterschiede, die nicht durch charakteristische Unterschiede erklärt werden können. Dieser besagt, dass Frauen mit identischen Merkmalen wie Männer in diesem Datensatz jährlich um 6.000 € weniger verdienen würden.
Frauen sind unzufrieden und zeigen höhere Jobwechselbereitschaft
Die Ergebnisse der folgenden Studie sollten demnach niemanden überraschen: Eine Langzeitstudie, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag von XING, hebt die Auswirkungen dieser unzufriedenstellenden Gehaltssituation hervor. Zu Beginn des Jahres 2023 gaben 51 % der erwerbstätigen Frauen in Österreich an, bereit zu sein, ihren Job zu wechseln. Das häufigste Motiv für diesen Wunsch war ein zu niedriges Gehalt. Konkret wurde dieser Grund von 55 % der Frauen genannt, die einen Jobwechsel erwägt haben. Kein anderes Motiv wurde in der Studie in diesem Zusammenhang so oft genannt. Im Gegensatz dazu sei die Unzufriedenheit mit dem Gehalt bei Männern in der Studie weniger ausgeprägt – weniger überraschend.
GPG im globalen Kontext
Auch das Weltwirtschaftsforum (WEF) berichtet in seiner neuesten globalen Rangliste über die Verschlechterung der Geschlechtergleichstellung in Österreich. Österreich ist in dieser Liste, die 146 Länder umfasst, auf den 47. Platz abgerutscht. Im Vergleich zu 2022 bedeutet das einen Rückgang um beeindruckende 26 Plätze. Das WEF führt diese Verschlechterung unter anderem auf den verringerten Anteil von Frauen in Ministerämtern in der Regierung zurück.
Traditionell führen die nordischen Länder in dieser Hinsicht. Island hat bereits seit 14 Jahren in Folge die Spitzenposition inne und ist weltweit das einzige Land, das den Gender-Gap zu 90 Prozent geschlossen hat. Die Gender Pay Gap ist auch klarerweise nicht auf Österreich beschränkt. Weltweit kämpfen Frauen mit ähnlichen Herausforderungen.
Ursachen und Folgen der Geschlechterungleichheit beim Thema Gehalt
Die Gründe für Ungleichheut sind vielfältig. Neben strukturellen Faktoren wie ungleicher Vertretung in Führungspositionen und in bestimmten Branchen spielen auch traditionelle Rollenbilder und Diskriminierung eine Rolle: Frauen sind öfter als Männer von unbezahlter Arbeit wie Kindererziehung und Pflege von Angehörigen betroffen, was sich negativ auf ihre Karriereentwicklung und ihr Gehalt auswirken kann.
Die langfristigen Auswirkungen des Gender Pay Gap sind dabei gravierend. Frauen verdienen weniger über ihre gesamte Karriere hinweg, was zu niedrigeren Renten und einer höheren Altersarmut führen kann. Zudem schränkt die ungleiche Bezahlung die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen ein.
Was kann unternommen werden?
Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, äußert sich öffentlich zum diesjährigen Equal Pay Day und sieht insbesondere die Politik in der Verantwortung aktiv zu werden: „Es ist höchst an der Zeit, bei Einkommensdiskriminierungen alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Es braucht zum Beispiel spürbare Sanktionen für Unternehmen, die Frauen und Männern für die gleiche Tätigkeit einen unterschiedlichen Lohn bezahlen“, sagt Frieben. „Darüber hinaus brauchen wir aber auch eine Debatte über die Neubewertung von Arbeit.“
Ähnlich sieht es Manuela Vollmann, Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA . Sie sagt: „In der Bundesregierung sank der Frauenanteil von 46,7 Prozent im Jahr 2021 auf nunmehr 35,7 Prozent im Jahr 2022. Laut dem Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen sind nur noch fünf von 14 Regierungsmitgliedern weiblich. Im Jahr davor waren es hingegen noch sieben von 15. 2021 bestand die Regierung noch fast zur Hälfte aus Frauen, 2022 sind es nur noch ein bisschen über einem Drittel, das ist wirklich dramatisch. Ohne verpflichtende Frauenquote – in Politik und Wirtschaft –, ohne einen Rechtsanspruch auf qualitativ wertvolle und leistbare Kinderbetreuung und vor allem ohne verpflichtende Väterkarenz wird es nicht funktionieren.“
Zusammengefasst sollten die folgenden Maßnahmen mehr beachtet werden:
- Gehaltstransparenz: Die Offenlegung von Gehaltsstrukturen in Unternehmen kann dazu beitragen, Diskriminierung aufzudecken und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.
- Förderung von Frauen in Führungspositionen: Eine ausgewogenere Vertretung von Frauen in Entscheidungspositionen kann die Gleichstellung vorantreiben.
- Bewusstseinsbildung: Bildung und Sensibilisierung sind entscheidend, um Geschlechterstereotype zu überwinden und die Wertschätzung von Frauen in der Arbeitswelt zu fördern.
- Gesetzliche Maßnahmen: In einigen Ländern wurden Gesetze erlassen, um die Gender Pay Gap zu verringern, indem Unternehmen zur Offenlegung von Gehaltsdaten verpflichtet werden.
Der Equal Pay Day ist nicht nur ein Tag, um auf das Problem der Geschlechterungleichheit im Gehalt aufmerksam zu machen, sondern auch eine Gelegenheit, konkrete Schritte zu diskutieren, die zur Schließung dieser Lücke beitragen können. Die Schaffung von Chancengleichheit in der Arbeitswelt ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein Schlüssel zur wirtschaftlichen Prosperität und sozialen Entwicklung.
Author: Jeffery Vance
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